Im Selbstmitleid baden, alles Schlechtreden, über die Vergangenheit jammern, im Konjunktiv leben oder chronische Übellaunigkeit: Das ist nicht die Stimmung, die florierende Geschäfte, motivierte Mitarbeiter oder innovative Ideen hervorbringt. Dennoch gibt es immer wieder Führungskräfte, die ihre negativen Befindlichkeiten ungebremst an ihrer Umwelt auslassen.
Ich nenne diesen Charakterzug emotionale Inkontinenz – ein Zeichen mangelnder Kinderstube oder Ausdruck einer ernstzunehmenden Krankheit: Würde ich im Büro eine Stinkbombe platzen lassen, würde man mit mir ein Kritikgespräch führen und an mich appellieren, dies zukünftig zu unterlassen. Hätte ich eine Harn-Inkontinenz und würde Stinke-Lackerln hinterlassen, würde man mich zu einem/einer Urolog:in schicken und mir Beckenboden-Training empfehlen.
Emotionale Inkontinenz ist genauso ungesund. Erwachsene Menschen sollten ihre Körperflüssigkeiten unter Kontrolle haben – auch die emotionalen Säfte. Denn Übellaunigkeit ist toxisch: Sie färbt ab und vergiftet auch anderen die Stimmung nachhaltig.
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Auch Worte sind Taten
Dieser bekannte Ausspruch von Ludwig Wittgenstein wird heute durch die Wissenschaft bestätigt: Der bekannte Neurobiologe Joachim Bauer beschreibt in seinem Buch Prinzip Menschlichkeit, wie soziale Verletzungen ähnliche neurobiologische Reaktionen wie körperliche Bedrohungen hervorrufen. Messerstechereien sind gesellschaftlich inakzeptabel. Keine Frage. Genauso sollten Verbalattacken, verletzende Äußerungen und untergriffige Bemerkungen nicht als Kavaliersdelikt verharmlost werden.
Bewusst gegensteuern
Als erkenntnistheoretische Physikerin ist mir klar: Unsere Annahmen im Kopf prägen unsere Wahrnehmung. Die Macht der selbsterfüllenden Prophezeiungen hast du schon häufig selbst erlebt: Wenn man ein Kind ermahnt Stolpere nicht! erhöht dies das Risiko des Stolperns. Wie soll ein Gespräch ein positives Ende finden, wenn ich mit der Einstellung Mit dem/der kann man ja nicht reden! auf mein Gegenüber zugehe?
Eine chinesische Weisheit besagt: Wer nicht lächeln kann, sollte keinen Laden eröffnen. Ich ergänze: ... und sollte auch keine Menschen führen. Wer Kinder hat, kennt es: Wenn man seiner Tochter oder seinem Sohn zuhört, wie er/sie mit dem Teddybären spricht, weiß man, wie man als Eltern-Vorbild auf das Kind gewirkt hat. Wenn ich möchte, dass meine Mitarbeiter:innen meinen Kund:innen freundlich begegnen, dann sollte ich mit meinen Angestellten wertschätzend umgehen.
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Selbstkontrolle als Führungskompetenz
Dafür zu sorgen, dass ich selbst als ChefIn gut drauf bin, ist die Führungsaufgabe mit dem größten Multiplikationseffekt. Psychisch gesunde Menschen verfügen über Spiegelneuronen, die Lust machen, das Verhalten des Vis-à-vis zu spiegeln. Wenn ich angelächelt werde, werde ich spontan zurücklächeln. Der Volksmund weiß: Wie du in den Wald hineinrufst, schallt es auch zurück.
Zwischendurch sind wir gefordert, trotzdem gut drauf zu sein – obwohl die Stress-, Frust- und Ärgerfalle weit offensteht. Hilfreich dabei ist das Werkzeug: WIDEG – Wofür Ist Das Eine Gelegenheit? Anstatt sich über nicht Änderbares zu ärgern, versuch zu ergründen Wofür könnte ich das nutzen?. Früher habe ich zum Beispiel immer ungeduldig auf den Aufzug gewartet, heute nutze ich die Zeit für Atemübungen.
Vom Neurologen Viktor Frankl, dem Begründer der Existenzanalyse, stammt der Satz: Wir können immer etwas verändern, nämlich unseren Zugang und unsere Sichtweisen.
Sieh es positiv
Der Positiven Psychologie von Martin Seligmann wird häufig zu Unrecht Realitätsverweigerung vorgeworfen. Bodenständig formuliert ist deren Grundgedanke: Shit happens, stinkt und gibt einen kraftvollen Rosendünger. Allerdings muss Pferdemist auf einem Misthaufen zwischenlagern und Säure abbauen, um dann als Rosendünger das Wachstum und das Blühen zu fördern. Hilfreich sind daher die Gedanken:
- Auch wenn ich es jetzt noch nicht erkenne: Wer weiß wofür es einmal gut ist?
- Wie werde ich in einiger Zeit auf diese Situation blicken?
Ist dir schon aufgefallen, dass sich so mancher höchst ärgerliche Zwischenfall im Nachhinein als lustige Geschichte entpuppt? Der legendäre Münchner Humorist Karl Valentin formulierte: Jedes Ding hat drei Seiten: Die negative, die positive & die komische. Von daher appellieren wir: Entwickle einen Sinn für die Pointen des Lebens!
Nicht sinnvoll wäre hingegen, den Mist durch die rosa Brille zu betrachten und die Realität zu verleugnen. Das Erfolgs-Trio zum Meistern kritischer Situationen sind:
- Realistische Einschätzung der Situation
- Heiter-souveräne Gelassenheit
- Zuversicht und Selbstvertrauen
Darauf schauen, dass man es hat, wenn man es braucht
In der Krise sind Chancen meist nicht leicht erkennbar – umso schöner ist es, wenn man von außen unterstützt wird, wieder freudvolle Perspektiven für sich zu entdecken. Überleg dir in guten Zeiten, was deine Quellen der Freude und des Auftankens sind. Ich trage z.B. ständig meine Tauchuhr, die mir das Gefühl des schwerelosen Schwebens unter Wasser in Erinnerung ruft. So kann ich mich selbst positiv stimmen. Wenn andere merken, dass es mir gerade nicht so gut geht, können sie in meinem Hirn durch die Frage An welche Taucherlebnisse denkst du besonders gerne? Endorphine und damit gute Gefühle auslösen.
Vertrau anderen Menschen deine Glücksknöpfe an! Interessier dich als Führungskraft für die Kraft- und Glücksquellen deiner Mitarbeiter:innen.
Was möchte ich statt dessen?
Viktor Frankl ermutigte seine unzufriedenen Klient:innen, sich diese Frage zu stellen. Sie erschließt den Weg vom Problem zur Lösung. Viele Menschen wissen ziemlich genau, was für sie schwierig, belastend und unerträglich ist – was für sie förderlich und stimmig wäre, ist ihnen meist längst nicht so klar. Etabliere in deinem Unternehmen die Raunzfreie Zone: Wenn deine Mitarbeiter:innen sudern und jammern, stell die beiden lösungsorientierten Fragen:
- Was kannst du an dieser Situation ändern?
- Welche Unterstützung brauchst du dafür von mir als Führungskraft?
Und weil es zwischendurch so befreiend ist, sich einmal von der Seele zu reden, könntest du ergänzend eine Klagemauer etablieren, der man sein Leid anvertrauen kann – z.B. mit einer maximalen Verweildauer von 10 Minuten.
Positiv in den Tag starten
Worauf freue ich mich heute in allen Lebensbereichen? ist eine sinnvolle Frage, um mit positiven Gefühlen den Tag zu beginnen. Wenn dir nichts einfällt, stell die zweite Frage: Was könnte ich mir als Mensch, Elternteil, Partner:in in der Freizeit und im Beruf einplanen, das Vorfreude in mir weckt? Wenn es zu viele Tage gibt, an denen dir die Beantwortung dieser beiden Fragen schwerfällt, dann stehen Weichenstellungen an. Denn die nächste positive Veränderung ist nur eine Entscheidung von dir entfernt.
Tatsächlich sind Glück und Zufriedenheit, Optimismus und Zuversicht erblich. Und: Es gibt sie auch im zweiten Bildungweg! Für unser Hirn gilt: Use it or loose it. Je häufiger du dich auch über die kleinen Dinge des Lebens freust, desto leichter fällt es dir, die Bright side of life für dich zu kultivieren. Damit bringst du auch Freude in dein Umfeld. Denn gute Laune wirkt ansteckend.
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