Viele Unternehmer:innen sind auf der Suche nach Alternativen zu Konkurrenzdruck, Gewinnmaximierung und Ellbogentaktik in der Wirtschaft. Immer mehr Menschen suchen nach dem Sinn hinter ihrem Handeln, der nicht nur darin liegen kann, jedes Jahr eine positive monetäre Bilanz vorzulegen. Sie wollen einen Mehrwert, der auch Bedürfnisse wie Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit oder demokratische Mitbestimmung befriedigt.
Eine Alternative für die Wirtschaft
Bereits in den 1990er-Jahren gab es erste Ansätze für eine Gemeinwohl-Ökonomie, die sich eben diesen Werten – Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Demokratie – verschrieben hat. In Wien gründete Christian Felber 2010 den Verein zur Förderung der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ). Er misst den Erfolg eines Unternehmens nicht mehr an seinem Finanzgewinn, sondern an seinem Beitrag zum Gemeinwohl.
Dadurch wird der Wert eines Unternehmens nach neuen Maßstäben gemessen: Nicht mehr der Geldgewinn macht ein Unternehmen wertvoll, sondern sein verantwortungsvolles Handeln gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt.
Die Gemeinwohl-Matrix 5.0
Um die Aktivitäten messen zu können, wurde eine Gemeinwohl-Matrix erarbeitet, die die systematische Betrachtung eines Unternehmens in Bezug auf verschiedene Faktoren wie Menschenwürde, Gerechtigkeit und ähnliches zulässt.
Anhand dieser Matrix können Unternehmen prüfen, wie sich ihre Aktivitäten auf das Gemeinwohl auswirken.
- Mit der Matrix wird ein Gemeinwohl-Bericht erstellt und der Beitrag des jeweiligen Unternehmens bewertet. Die Matrix kann von jedem Unternehmen, egal welche Branche, Größe oder Rechtsform, angewendet werden.
- Die Bewertung bzw. Überprüfung erfolgt durch GWÖ-Berater:innen und -Auditor:innen unter Berücksichtigung der Unternehmensgröße, der Finanzströme, der sozialen Risiken in Herkunftsländern, der Vorprodukte sowie der Branche.
- Unternehmen, die eine Gemeinwohl-Bilanz erstellen und diese extern prüfen lassen, erhalten eine Kennzeichnung als Bilanzierendes Unternehmen. So ist für jeden erkennbar, welche Unternehmen sich Gedanken über die gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Handelns machen.
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Kassasturz mit neuen Faktoren
Die Gemeinwohl-Bilanz misst nicht, wie steil das Wachstum eines Unternehmens war, um wie viel Prozent die Produktion zugenommen oder um wie viel kostensparender Arbeitnehmer eingesetzt wurden. Sie misst andere Faktoren, nämlich:
- Welche Auswirkungen haben die wirtschaftlichen Aktivitäten auf die allgemeine Lebensqualität?
- Wird die Menschenwürde geachtet?
- Wird die soziale Gerechtigkeit gefördert?
- Wird ökologische Nachhaltigkeit sichergestellt?
- Wie transparent, solidarisch und demokratisch arbeitet ein Unternehmen?
Damit rückt der traditionell einzig wichtige Faktor – das Geld – aus dem Mittelpunkt, der Betrachtungshorizont wird erweitert.
Eine nützliche Bilanz
Über 2.250 Vereine und Unternehmen unterstützen mittlerweile den Verein Gemeinwohl-Ökonomie. Dazu gehören etwa die Sparda-Bank München, die Hotels Auersperg, die Lebenshilfe Tirol oder die FH Burgenland. Etwa 400 haben bereits eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt.
Unternehmen mit einer Gemeinwohl-Bilanz spielen eine wichtige Rolle als Vorbilder für Themen wie Werte, Lebensqualität, Umweltschutz oder Nachhaltigkeit. Bereits veröffentlichte Gemeinwohl-Bilanzen von Unternehmen können auf der ECG-balance-website nachgelesen werden.
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