Du bist beim AMS gemeldet und übst nebenbei auch eine selbständige Tätigkeit aus? Achte auf die so genannte
- Geringfügigkeitsgrenze (2023: durchschnittlich 500,91 Euro pro Monat) und die
- Umsatzgrenze (2023: 4.512,70 Euro pro Monat).
Andernfalls musst du Arbeitslosengeld (ALG) zurückzahlen.
Wir erklären in diesem Beitrag, wie das durchschnittliche Einkommen bei durchgehender selbständiger Tätigkeit vom AMS berechnet wird.
Durchgehend oder vorübergehend selbständig tätig?
Das AMS unterscheidet zwischen vorübergehender und durchgehender Beschäftigung. Von dieser Einstufung hängt ab, wie das durchschnittliche Einkommen berechnet wird.
Alles über die Berechnung bei vorübergehender, selbständiger Tätigkeit findest du hier.
Was ist die rollierende Berechnung?
Wenn du neben dem Bezug des ALG durchgehend selbständig tätig bist, wird dein Einkommen und dein Umsatz rollierend, also laufend ermittelt.
Dabei wird der Durchschnitt aus allen Monaten, in denen eine selbständige Tätigkeit ausgeführt wird, berechnet. Die Berechnung beginnt mit dem ersten Monat der selbständigen Tätigkeit des betreffenden Kalenderjahres. Ab diesem Moment werden alle Monate addiert und ein Durchschnitt berechnet.
Das bedeutet: In einzelnen Monaten darf das Einkommen über der Geringfügigkeit liegen. Solange der Durchschnittsbetrag aller Monate darunter liegt, hast du Anspruch auf ALG.
So funktioniert die rollierende Berechnung
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Nach Ablauf jeden Monats musst du dem AMS das erzielte Einkommen und den Umsatz bekannt geben (Bruttoerklärung). Die Berechnung des zu meldenden Einkommens ist sehr komplex:
- Betriebsausgaben dürfen von den Honoraren abgezogen werden.
- Gewinnfreibeträge und anderes dürfen NICHT abgezogen werden.
- Auch die Sozialversicherungsbeiträge dürfen NICHT abgezogen werden!
Die Berechnung verlangt steuerrechtliche Grundkenntnisse, nimm professionelle Hilfe in Anspruch!
Außerdem musst du
- jederzeit Erklärungen zu Zahlungen leisten und entsprechende Belege vorlegen,
- dem AMS deinen Einkommensteuerbescheid vorlegen;
Auf Basis der abgegebenen Bruttoerklärungen errechnet das AMS, ob vorläufig Anspruch auf ALG besteht – und zahlt dann die entsprechenden Beträge aus.
ACHTUNG: Die endgültige Berechnung geschieht allerdings erst, wenn der Einkommensteuerbescheid für das entsprechende Geschäftsjahr ans AMS übermittelt wurde
Das bedeutet: Unter Umständen musst du ALG zurückzahlen – oder bekommst sogar noch ALG für einzelne Monate, für die auf Basis der vorläufigen Berechnung kein Anspruch bestand.
Beachte auch: Du kannst die Bruttoerklärung frühestens am Monatsende beim AMS abgeben. Denn zur Mitte des Monats kannst du kaum verlässlich einschätzen, wie viel du im ganzen Monat verdienen wirst, erklärt AMS-Experte Horst Friedrich.
Ein Beispiel:
Du meldest mit 1. Mai eine durchgehende selbständige Tätigkeit an.
Einkommen im Mai: 370,00 (Anspruch auf ALG)
Einkommen im Juni: 1.200,00
Summe Mai bis Juni: 1.570,00
Durchschnitt Mai/Juni: 785,00 (kein Anspruch auf ALG)
Einkommen Juli: 0,00
Durchschnitt Mai/Juni/Juli: 523,33 (kein Anspruch auf ALG)
Einkommen August: 50,00
Summe Mai bis August: 1.620,00
Durchschnitt Mai/Juni/Juli/August: 405,00 (ab August daher Anspruch auf ALG)
Eine endgültige Berechnung erfolgt allerdings erst, wenn der Einkommensteuerbescheid vorliegt!
Unter Umständen werden die Monate Juni und Juli nachbezahlt, wenn sich herausstellt, dass das monatliche Einkommen für das gesamte Geschäftsjahr (von Mai bis Dezember) im Durchschnitt unter der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze lag.
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Vorsicht bei selbständiger Tätigkeit vor oder nach Arbeitslosengeldbezug!
Wenn du dich
- aufgrund einer selbständigen Tätigkeit beim AMS abmeldest und
- davor bereits Nebeneinkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit während des Bezuges von Arbeitslosengeld erworben hast,
berücksichtigt das AMS für die Berechnung des monatlichen Durchschnittseinkommens alle Einkommen des gesamten Geschäftsjahres laut Einkommensteuerbescheid, also auch jene Einkommen, die im gleichen Jahr nach der Abmeldung vom ALG-Bezug erzielt wurden.
Ein Beispiel:
Neben einem ALG wird mit März eine selbständige Tätigkeit aufgenommen.
Einkommen März: 300,00 (Anspruch auf ALG)
Einkommen April: 400,00 (Anspruch auf ALG)
Einkommen Mai: 200,00 (Anspruch auf ALG)
Mit 1. Juni meldest du dich beim AMS ab und meldest bei der SVS die Vollversicherung an.
Einkommen Juni bis Dezember: 10.500,00
Summe aller Einkünfte (März bis Dezember): 11.400,00
Durchschn. Einkommen (÷10): 1.140,00
Das Einkommen liegt über der Geringfügigkeitsgrenze, das ALG für März bis Mai muss zurückgezahlt werden.
ACHTUNG: Wenn du also nach der Arbeitslosigkeit voller Tatendrang im laufenden Geschäftsjahr in die Selbständigkeit startest und hohe Honorarnoten schreibst, wirst du mit ziemlicher Sicherheit das ALG zurückzahlen müssen. Berücksichtige diese Rückzahlung in deinem Businessplan!
So berechnet das AMS die Rückforderungen
a) Das monatliche Durchschnittseinkommen liegt unter dem monatlichen ALG.
In diesem Fall wird nur ein Betrag in der Höhe des tatsächlich erzielten Einkommens zurückbezahlt.
Ein Beispiel:
Arbeitslosengeld: 900,00
Durchschn. Einkommen aus Selbständigkeit: 600,00
Rückforderung: 600,00 Euro mal der Monate, in denen man selbständig tätig war und ALG bezogen hat
b) Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt über dem monatlichen ALG.
In diesem Fall wird das gesamte ALG zurückgefordert.
Ein Beispiel:
Arbeitslosengeld: 900,00
Durchschn. Einkommen aus Selbständigkeit: 1.200,00
Rückforderung: 900,00 Euro mal der Monate, in denen man selbständig tätig war und ALG bezogen hat
Jährliche Geringfügigkeits-Grenze: Auf die Monate kommt es an!
Lass dich durch die jährliche Geringfügigkeit (6.010,92 Euro für 2023) nicht in die Irre führen. Diese Grenze gilt nur, wenn du 12 Monate dazuverdienst. Denn nur dann errechnet sich der monatliche Verdienst aus 6.010,92 : 12 = 500,91
Wenn du nur einen Monat weniger selbständig tätig bist, liegst du mit deinem monatlichen Einkommen bereits über der Geringfügigkeitsgrenze – auch wenn die jährliche Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wurde.
Die jährliche Geringfügigkeit ist nur für die SVS relevant, die das Geschäftsjahr immer vom 1. Jänner bis 31. Dezember berechnet. Gerätst du über die jährliche Geringfügigkeit, musst du rückwirkend auch noch die SVS Beiträge für das gesamte Jahr bezahlen!
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Neben dem Einkommen zählt auch der Umsatz!
Nicht nur das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit darf eine bestimmte Höhe nicht überschreiten, auch für den monatlichen Umsatz gibt es Grenzen.
Im Klartext: 11,1 Prozent des monatlichen Umsatzes dürfen maximal so hoch sein wie die Geringfügigkeitsgrenze. Umgerechnet für 2023: Der monatliche Umsatz darf 4.512,70 Euro nicht überschreiten.
Fazit
Es besteht also nur dann Anspruch auf ALG, wenn sowohl das Einkommen, als auch 11,1% des Umsatzes die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten.
Das bedeutet:
- Selbst wenn das Einkommen niedriger als die Geringfügigkeitsgrenze (500,91 Euro für 2023) ist, der monatliche Umsatz im Jahr 2023 jedoch den Wert von 4.512,70 übersteigt, ist ein Bezug von ALG nicht möglich.
- Liegt das Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze, besteht ohnehin kein Anspruch auf ALG und die Umsatzhöhe ist nicht relevant.
TIPP: Nimm auf jeden Fall die Beratung eines/r Steuerberater/in in Anspruch. Auch für die Einkommensteuererklärung ist die Unterstützung durch eine Expertin/einen Experten ratsam!
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