24 Stunden täglich zusammen in einer Wohnung – vielleicht sogar zeitweise verschärft durch Quarantäne: Das ist eine Herausforderung, auch für die besten Beziehungen. Schön langsam reicht es! denken viele.
Wenn es keine Rückzugsmöglichkeiten gibt, keine Abwechslung, keine Zeit und Raum nur für sich, wenn Inputs oder Inspirationen von außen reduziert sind, wenn Arbeitsplatz und Esstisch derselbe sind: Dann wird es wirklich eng – im wahrsten Sinn des Wortes. Kein Wunder, dass häusliche Gewalt im letzten Jahr zugenommen hat.
Nicht nur der/die Partner:in fordert uns heraus. Auch die Kinder (falls vorhanden) wollen ständig etwas, wollen unterhalten und bespaßt werden. Und auch wenn es nur zu kleineren Konflikten und Reibereien kommt, kann innerlich starker Stress entstehen.
Zuviel Nähe verhindert Nähe
Um wirkliche Nähe und Intimität zu spüren, muss ein Paar immer wieder auf Distanz gehen können. Eine Beziehung ist ein ewiger Tanz zwischen Nähe und Distanz. Wenn die räumliche Nähe zum/r Partner:in dauerhaft zu eng ist und gleichzeitig Nähe zu anderen Menschen nicht möglich ist, klebt man äußerlich zu sehr aufeinander – und distanziert sich in Folge innerlich. Das ist nicht gerade förderlich für die Beziehung.
Je mehr ein Partner selbst unter der Situation leidet, desto eher schiebt er/sie die schlechte Stimmung dem anderen zu. Und diese/r kann dann nur alles falsch machen, fühlt sich vielleicht ständig kontrolliert und beobachtet. Schnell findet man sich in einer Habt-Acht-Situation, nach der Art: Was tut / will er oder sie jetzt? – Tue ich das Richtige? Werde ich kontrolliert? Und schon kracht es!
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Was du für dich und ihr für einander tun könnt
- Nimm immer wieder Auszeiten für dich alleine (alleine in die Badewanne, alleine spazieren gehen, mit Kopfhörern Musik hören, alleine im Bett lesen, ...).
- Schafft euch bewusst Distanz, indem sich jede/r eigene Verantwortungsbereiche schafft: Du gehst einkaufen – ich koche. Du arbeitest im Wohnzimmer am PC (am besten mit guten Kopfhörern, die Nebengeräusche ausblenden) – ich arbeite im Schlafzimmer (wo ich mir meinen eigenen Arbeitsplatz eingerichtet habe).
- Pfleg Kontakte zu guten Freunden übers Internet. Zieh dich mit Kopfhörern in ein anderes Zimmer zurück, um dich ungestört austauschen zu können.
- Starte eine Online-Gruppe mit den besten Freund:innen, die sich in regelmäßigen Abständen etwa über Zoom trifft – mit Snacks und einem Glas Wein, um so richtig und in Ruhe zu quatschen.
- Sei ganz für dich alleine kreativ – malen, werken, musizieren, (Tagebuch) schreiben, tanzen!
- Besuche einen Online-Yoga-Kurs – eine Decke, ein Kissen und bequeme Kleidung sind alles, was du brauchst. Im Schlafzimmer ist dafür immer noch Platz.
- Richte dir in einem anderen Zimmer einen schönen Platz, beginn zu meditieren. Auch hier gibt es viele Online-Angebote für Neulinge.
- Geh trotzdem immer wieder ganz bewusst in Kontakt mit Ihrem/r Partner:in, etwa indem ihr euch Redezeit ausmacht.
Ich mag besonders die Technik Rosen und Dornen am Abend vor dem Einschlafen:
ich erzähle dir, was heute meine Rosen (etwas, was mich gefreut hat) und was meine Dornen (was mich unangenehm berührt hat) waren. Rosen können etwas ganz Kleines sein, etwa eine schöne Blume im Garten, ein Kompliment, Anruf einer Freundin; Dornenstehen etwa für heute schlecht geschlafen, Kind genervt, Mail zu schreiben vergessen. Erzähl nicht nur von dir, hör auch deinem*r Partner:in bewusst zu! Und wichtig: Hör hin, aber bewerte nicht. Lass alles Gesagte einfach so stehen. Vor dem Einschlafen eine Diskussion zu beginnen ist schlafstörend!
TIPP: Wenn du gar nicht mehr aus dem Konflikt herausfindest und nur mehr genervt bist, ist der beste nächste Schritt, sich externe Hilfe zu suchen. Es gibt viele Profis, die Online-Paarberatungen anbieten.
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