Der Global Risks Report, ein jährlich erscheinender, umfassender Bericht über die größten globalen Risiken listet für das Jahr 2020 zum ersten Mal auf allen der Top 5 Ränge umweltbedingte Risiken auf. Dabei werden extreme Wetterbedingungen, das Artensterben und das Versagen, den Klimawandel rechtzeitig zu bekämpfen sowohl als hoch wahrscheinlich als auch als hoch bedrohlich eingestuft.
Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle beim Ausstoß von Treibhausgasen, der Zerstörung von Ökosystemen (z.B. durch Rodungen, Baumaßnahmen) und der Umweltverschmutzung. Entsprechend wird von ihnen oft mehr Nachhaltigkeit und die Übernahme sozialer Verantwortung eingemahnt – und viele kommen durch freiwillige Nachhaltigkeitsinitiativen dieser Verantwortung auch nach.
Nachhaltigkeit ist mehr als eine Frage der Ethik
Umweltthemen sollten dabei aber nicht nur als Frage der Ehre abgetan werden, denn sie sind insbesondere in Zeiten steigender Besorgnis über den Klimawandel auch von höchster strategischer Relevanz:
- Erstens ist es sehr wahrscheinlich, dass sich in absehbarer Zeit Regulationen und Gesetze ändern (z.B. Umwelt-Maut, CO2-Steuer),
- zweitens ändert sich das Kundenverhalten und die Nachfrage (z.B. vegane Ernährung, Nachfrage nach Nachtzügen),
- drittens haben sich auch in Europa bereits merklich (und statistisch nachweisbar) die Wetterverhältnisse geändert.
Deshalb sollte das Thema Nachhaltigkeit einen zentralen Platz in der strategischen Unternehmensführung einnehmen.
Strategische Berücksichtigung von Nachhaltigkeit: Die sSWOT Analyse
Ein gängiges und bekanntes Instrument zur Strategieentwicklung ist die sogenannte SWOT-Analyse, mit der systematisch die Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Riskien (Threats) eines Unternehmens in Bezug auf ein strategisches Ziel untersucht werden.
Ein F&E-Team rund um Eliot Metzger vom World Resource Institute entwickelte im Jahr 2012 die sogenannte sSWOT-Analyse (das s steht für sustainability), eine um das Thema Nachhaltigkeit erweiterte Variante, die aus acht Schritten besteht.
- In Schritt 1 der sSWOT wird festgelegt, für welches konkrete Thema diese Analyse durchgeführt werden soll: Geht es beispielsweise um die Ausweitung eines Marktes nach Osteuropa? Oder soll ein neuer Vertriebsweg erschlossen werden?
- Schritt 2 berücksichtigt die aktuellen Veränderungen in der Umwelt. Während 2012 das Thema Klimawandel und Umweltschutz noch nicht so drängend wahrgenommen wurde, hat es inzwischen höchste Priorität auch seitens der Vereinten Nationen (UN). Im Jahr 2015 wurde in der UN Generalversammlung die sogenannte Agenda 2030, verabschiedet. In diesem Dokument sind 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) sowie eine Vielzahl an Unterzielen beschrieben, die als Basis für die nachfolgende SWOT-Analyse herangezogen werden können.
- In Schritt 3 werden konkrete Risiken (Threats) für das Unternehmen analysiert. Die 17 Ziele und Unterziele der Vereinten Nationen zeigen die drängendsten gegenwärtigen Probleme unserer Welt auf und legen die Stoßrichtung fest, um diese Probleme zu lösen. Entsprechend können sie eine wichtige Grundlage für die systematische Analyse für die Veränderungen der Umwelt bilden. Die wichtigste Frage lautet hier: Welcher Aspekt unseres Geschäftsmodells ist durch diese Entwicklungen gefährdet?
- Schritt 4 legt das Augenmerk auf daraus resultierende Möglichkeiten (Opportunities): Welche neuartigen Geschäftsfelder und anderen strategischen Optionen ergeben sich durch diese Veränderungen?
- Danach verändert sich der Fokus weiter hin zum Unternehmen: Welche Stärken (Strenghts, Schritt 5) und Schwächen (Weaknesses, Schritt 6) hat das Unternehmen im Vergleich zu anderen Unternehmen in Zusammenhang mit diesen Umweltveränderungen? Wer kann ähnliche Lösungen anbieten? Wo kann man sich von Mitbewerbern abheben?
- In Schritt 7 werden die Erkenntnisse priorisiert und
- in Schritt 8 werden sie in kurzfristige, mittelfristige und langfristige strategische Planungen integriert.
Fazit
Bei einer genaueren Analyse der möglichen Auswirkungen – sowohl Risiken als auch Chancen – von Umweltveränderungen zeigt sich sehr schnell: Nachhaltiges Wirtschaften hat nicht nur mit gesellschaftlicher Verantwortung zu tun, sondern ist von unmittelbarer strategischer Relevanz.
Eine sSWOT-Analyse kann Handlungsfelder aufzeigen, wie strategische Unternehmensführung nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch nachhaltiger ist. Und ganz nebenbei übernimmt man dabei auch noch soziale Verantwortung.
Quellen:
Metzger, E., Putt del Pino, S., Prowitt, S. Goodward, J. und Perera, A. (2012). sSWOT – A sustainability SWOT. User's Guide. World Resources Institute
The Global Risks Report 2020. World Economic Forum.
Vereinte Nationen (2015). Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Resolution der Generalsversammlung vom 21.September 2015.
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