BIKER SOS: Eine App aus Österreich soll weltweit Leben retten
Von Bikern für Biker: Die Oberösterreicher Werner Richtsfeld und Christian Indra haben eine App entwickelt, die bei Motorradunfällen rechtzeitig Hilfe holt.
Für Studenten der Wirtschaftsinformatik- und Informationselektronik ist es wohl naheliegend, eine App zu entwickeln. Werner Richtsfeld und Christian Indra sind aber auch begeisterte Motorradfahrer, also sollte es eine sinnvolle Anwendung für Biker werden. Nach einem Brainstorming am Würstelstand war klar: Die App sollte für mehr Sicherheit sorgen, indem sie im Falle eines Unfalles automatisch Hilfe ruft – und zwar weltweit.
Prototyp für die Angehörigen
Gegen Ende unseres Studiums arbeiteten Christian und ich bei einem Start-up. Das war recht spannend und wir beschlossen, auch eine App zu entwickeln. Eines Abends, haben wir uns am Würstelstand darüber unterhalten, dass Christians Partnerin und meine Eltern sich immer Sorgen machten, wenn wir mit dem Motorrad unterwegs waren und sie nicht wussten, wo. So wurde die Idee zu einer App geboren, die den jeweiligen Standort übermittelt und einen Notruf absetzen kann, sobald sie einen Unfall erkennt.
2015 hatten wir unsere erste Version fertig entwickelt. Der Prototyp fand viel Anklang, hatte aber eine Einschränkung: Er konnte nur einen Notruf an eine gespeicherte Nummer senden.
Kooperationspartner mit Know-how
Uns wurde klar, dass wir die App mit einer Notrufzentrale verbinden mussten, um sie effektiv und praxistauglich zu machen.
Wir haben also einen Partner gesucht, der diese Vernetzung sicherstellen kann – und zwar über die Grenzen hinaus, denn man fährt ja nicht nur in Österreich. Wir sind dann mit der Notrufzentrale Niederösterreich ins Geschäft gekommen. Diese verfügte über die nötigen Kontakte und auch die Infrastruktur, um die Alarmierung im gesamten EU-Raum, in Amerika, Australien und Kanada zu entwickeln.
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Start-up mit Profiunterstützung
Damit wurde es aber auch ernst: Wir mussten die Entscheidung treffen, ob wir den Schritt zum Start-up wagen. Im Juli 2016 haben wir unsere Firma Biker SOS gegründet. Mit Bernhard Eichinger haben wir einen langjährigen Freund an Bord geholt, der auf Webshops und Onlineauftritte spezialisiert ist und mit Kunden wie Runtastic oder Porr schon jede Menge Erfahrung gesammelt hatte.
Außerdem haben wir uns um Förderungen bemüht. Der oberösterreichische Incubator Tech-2-B unterstützt Jungunternehmer beispielsweise ein halbes Jahr, vom Akademischen Startup Netzwerk akostart oö bekommen wir für ein Jahr einen Arbeitsplatz im Coworking Space gratis zur Verfügung gestellt, unsere Anträge an FFG und AWS werden gerade geprüft.
Kapital und Publicity über die TV-Show
Wir haben uns auch bei der Start-up Show 2 Minuten 2 Millionen auf PULS 4 beworben – in erster Linie, um die Reichweite der Sendung für uns zu nutzen, unsere App einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen zu können, aber auch, um Feedback durch die qualifizierte Jury zu erhalten. Erfreulicherweise hat sich Michael Altrichter, einer der Juroren der Sendung, für 260.000 Euro zu 15% an unserer Firma beteiligt.
Als Business Angel und Impact Investor bringt Michael Altrichter wertvolle Erfahrung in Sachen Start-ups ein, das hilft uns nicht nur finanziell, sondern auch operativ weiter. Mit dem neuen Kapital wollen wir das Team vergrößern und endgültig den Roll Out starten.
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Testphase mit Familienunterstützung
Bislang haben wir ja den Großteil der Entwicklung selbst finanziert, Eigenmittel und Arbeitszeit investiert und auch die Ressourcen der Familie genutzt. Christians Vater hat eine Autowerkstatt, darin haben wir einen Crash Test Dummie gebaut, den wir dann vom väterlichen Abschleppwagen geworfen haben.
In allen neueren Handys sind Beschleunigungssensoren verbaut, die nutzen wir: Mit Hilfe der von uns entwickelten Algorithmen erkennt das Mobiltelephon einen Unfall und schlägt Alarm. Das hat von Anfang an recht gut funktioniert, Fehlauslösungen konnten wir vermeiden, indem wir etwa eine 180 Grad Drehung des Fahrers als im Normalfall nicht vorkommende Bewegung definiert haben.
Finanzierungsmodell Zusatzfunktionen
Die App bietet auch zusätzliche Features wie Tourenaufzeichnung und LiveTracking, die sind sehr beliebt. Wir haben schon das Feedback erhalten, dass die Kinder zu Hause schauen, wo der Papi gerade fährt. Diese Daten sind aber nicht öffentlich zugänglich, man muss erst einen Link aktivieren, so ist der Datenschutz gewährleistet.
Diese Zusatzfeatures sind nur in der kostenpflichtigen Premium Version verfügbar, das ist das Geschäftsmodell. In der Basisvariante ist nur die Verständigung eines Notfallkontakts möglich. Für die Verständigung der Unfallzentrale, genaue Verortung von während der Tour aufgenommenen Fotos, exakten Wettervorhersagen oder eben Life Tracking muss das Upgrade genommen werden. Das funktioniert seit ein paar Wochen, über 200 Nutzer haben das Angebot schon angenommen, insgesamt haben wir seit letztem Herbst über 30.000 Downloads gezählt.
Vermarktung direkt in die Zielgruppe
Wir vermarkten die BIKER SOS-App unter anderem auch über Kooperationen. Momentan verhandeln wir etwa mit Fahrschulen, die die App ihren Schülern anbieten und gegen Kommission verkaufen können. Außerdem sind wir auf allen relevanten Messen und Veranstaltungen. Inserate in Zeitungen sind hinsichtlich der erreichbaren Zielgruppe leider unverhältnismäßig teuer, um die Fachpresse werden wir aber wohl kaum herumkommen.
Derzeit verkaufen wir die Premium Mitgliedschaft noch um knappe 30 Euro jährlich, es gibt aber auch Abonnements für einen Monat oder eine Woche, falls jemand die App nur für eine Tour nutzen will. Wir werden die Jahresgebühr aber demnächst auf ungefähr 50 Euro erhöhen, einen Euro pro Woche ist den meisten Motorradfahrern ihr gutes Gewissen und die Beruhigung ihrer Angehörigen sicherlich wert.
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