Kultobjekte vom Weinviertler Meisterschmied
Eine Einladung nach Japan ist für einen Messerschmied der Ritterschlag. Und den hat Florian Stockinger soeben erhalten.
"Hammerschmied" steht auf der Halle gegenüber der Kirche von Ernstbrunn geschrieben, in welcher der junge Weinviertler seine Messer herstellt. Der Hammerschmied war allerdings eine Gießerei, erst seit Stockinger die leerstehenden Räume übernommen hat kann man wieder sagen: nomen est omen, hier schwingt wieder ein Schmied den Hammer!
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Florian Stockinger hat sich nicht nur in der Nische der individuell handgefertigten Custom Knives dank erstklassiger Qualität einen Namen gemacht, auch was die nötigen Investitionen für die Betriebsgründung anlangt ist er seinen eigenen Weg gegangen. Statt Zeit fürs Aufstellen von Finanzierungen zu verschwenden hat er sich die nötigen Maschinen einfach selbst gebaut!
Bubentraum
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Messer und Stahl haben von klein auf eine ungeheure Faszination auf mich ausgeübt, neben der Beschäftigung mit der Theorie habe ich mich schon als Teenager praktisch betätigt. Ich hatte eine kleine Hütte von vier Quadratmetern Größe im Garten meiner Eltern, geschmiedet habe ich auf einem umgebauten Grill mit einem Fön als Gebläse draußen im Freien. Irgendwann hat dann mein Bruder eine Feldschmiede aufgetrieben, das war ein Meilenstein für mich. Mit 14 hatte ich erstmals ein – mehr oder weniger – professionelles Gerät. Das hat, speziell am Sonntag Mittag, die Nachbarn natürlich ungemein erfreut!
Solide Ausbildung
Ich habe die HTL für Maschinenbau und Anlagentechnik besucht. In den Sommerferien habe ich auf einem Gutshof in einer 100 Jahre alten Schmiede, die nur noch als Lager verwendet wurde, gearbeitet. Als erstes habe ich den Federhammer repariert und die Esse intakt gesetzt, so konnte schon ganz ordentlich arbeiten. Neben dem Zivildienst habe ich die Meisterprüfung für Schmiede und Fahrzeugbau absolviert. Bereits damals war ich mit meinen Ergebnissen schon recht zufrieden. Ich war sicher, diese "Custom Knives" auch verkaufen zu können.
Aufbau aus eigener Kraft
Schon während der Schulzeit schwante mir, dass die typische Karriere als Techniker in einem Konstruktionsbüro nichts für mich wäre. Nach ein paar eher kurzen, einschlägigen Praktika war ich mir dann ganz sicher: Ich wollte Messer machen. Also begann ich zunächst damit, meine Maschinen zu konstruieren und eine Betriebsfläche zu suchen.
Ich habe mit den einfachsten Mitteln angefangen, viel Geld hatte ich ja nicht, nur das Gehalt von meinem Ferialjob, das waren 800 Euro. Immerhin, ein Härteofen um 500 Euro ist sich ausgegangen. Die meisten Fertigungsschritte kann man ja auch manuell erledigen, doch irgendwann wollte ich eine ordentliche Schleifmaschine. Eine Neue hätte zwei- bis dreitausend Euro gekostet, aber ich habe mir gedacht, die kannst du dir ja genau so gut auch selber bauen. In der Schrottmulde vom TGM, der technischen Bundeslehranstalt, habe ich einen passenden Motor gefunden, man hat ihn mich gerne entsorgen lassen. Und er funktioniert immer noch tadellos.
Nötigste Investitionen
Im Februar 2015 habe ich die ersten 100 Quadratmeter an meinem jetzigen Standort bezogen, den Lagerraum einer Gießerei. Seit März 2016 habe ich einen zusätzlichen Raum, der frei wurde, weil die Gießerei mittlerweile aufgelassen wurde. Den habe ich ausgeräumt, renoviert, und dreißig Tonnen Beton als Fundament für einen ordentlichen Federhammer hineingegossen. So eine Maschine verkürzt durch das dynamisch verstärkte Schlagverhalten die Schmiedezeit ungemein, hat aber auch ihren Preis. Ich habe meine gebraucht in Deutschland gekauft, den Ausgangspreis von 3000 Euro habe ich ordentlich hinunter und die Transportkosten hinein verhandelt. So konnte ich auch diese Investition aus dem Cash Flow bezahlen.
Ganz am Beginn der Betriebsgründung habe ich mir überlegt, Förderungen zu beantragen, hatte aber keine Ahnung, wie und was. Ich habe dann eine Zeit lang versucht, mich kundig zu machen, das hat aber zu viel Zeit beansprucht, die ich dringender für die Produktion meiner Messer gebraucht habe. Ich bin in der glücklichen Lage, gerade genug produzieren zu können, dass meine Auftraggeber zufriedengestellt werden.
Kunden aus aller Welt
Anfangs haben mich meine Kunden hauptsächlich über Mundpropaganda gefunden, mittlerweile sind etliche Artikel über meine Messer erschienen. So hat mich auch ein japanischer Großhändler entdeckt, der mich jetzt zu sich eingeladen hat. Ich werde einige von diesen phantastischen Messerschmieden dort besuchen, und Messermessen, wo er auch meine Messer ausstellt.
Und er hat auch eines nach Amerika zu einem befreundeten Händler geschickt. Das findet man jetzt in der renommierten Blade Gallery, dem ultimativen Online-Marktplatz für Spezialmesser. Dort sind nur die Besten vertreten. Und die Allerbesten, das sind natürlich die Japaner mit ihrer Jahrhunderte alten Damaszener Handwerkstradition. Kenner lassen sich das gerne ein bisschen was kosten. Auch mein Messer kann man nun dort erstehen, zum Preis von 1600 Dollar. Das entspricht nicht nur dem Aufwand sondern spiegelt durchaus auch die Anerkennung für mein Messer.
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