Eigentlich hätte sich Marion Mixner gerne als Buchhändlerin selbständig gemacht. Doch dann schloss der einzige Nahversorger in ihrem Viertel und sie beschloss kurzerhand, die alte Greißlerei zu übernehmen. Als konzessionierte Buchhändlerin benötigte sie keine weiteren Prüfungen oder Konzessionen. Für das wirtschaftliche Know-how – und insbesondere bei der Erstellung des Business-Plans – ließ sie sich im wko[forum]wien coachen.
Traum vom eigenen Geschäft
Ich wollte schon seit langem ein eigenes Geschäft eröffnen, am liebsten eine Buchhandlung, schließlich entspricht das meiner Ausbildung. Nach langem Herumrechnen bin ich aber zu der Überzeugung gekommen, dass dies nur in der Innenstadt sinnvoll wäre, da sind aber die Mieten zu hoch, um ein plausibles Konzept zu erstellen. Dennoch wurde der Wunsch nach dem eigenen Laden immer konkreter, und als sich zufällig eine Chance bot, ergriff ich sie kurzentschlossen.
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Gute Gelegenheit
Ganz in unserer Nähe schloss der alte Greißler, der einzige Nahversorger weit und breit. Das Lokal war eine ehemalige Konsum-Filiale in der Gartensiedlung Flötzersteig in Wien-Penzing. Ich habe mich erkundigt, ob das Geschäft zu übernehmen wäre, und die betreibende Genossenschaft war von der Idee recht angetan. Wir kamen rasch zu einer Einigung. Allerdings hatte der Vormieter seit ungefähr 30 Jahren nichts mehr renoviert oder modernisiert, an die Fliesen in der Fleischabteilung erinnere ich mich noch aus meiner Kindheit.
Grundlagen-Recherche
Als sich das Projekt konkretisierte, wurde mir schnell klar, dass ich Vieles erst dazulernen musste: Spezifische Richtlinien im Lebensmittelhandel zum Beispiel, was Hygiene, Lagerung und Haltbarkeiten anlangt oder auch wie man etwa die zu erwartende Kundenfrequenz herausfindet. Also habe ich recherchiert, wo man solche Auskünfte erhält, und bin bei der WKO fündig geworden, wo die verschiedensten Informationsveranstaltungen und Workshops angeboten werden.
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Businessplan
Ich habe unter anderem den zweistündigen Kompakt-Workshop Mein Businessplan – Basis meines Erfolges besucht und danach schon viel klarer gesehen. Ich bin ja eher Roman- und weniger Listen-Schreiberin, aber genau das ist bei einer Geschäftsgründung gefragt. Vordergründig, um von der Bank als kreditwürdig eingestuft zu werden, vor allem aber um sich selber klar zu werden, auf was man sich einlässt und wie man es angehen will.
Bedarfsanalyse
Als erstes musste ich analysieren, ob es genügend Kunden für mein Geschäft geben würde. Mit Hilfe der Spezialisten der WKO konnte ich diese Frage positiv beantworten. In der Umgebung wohnen viele Menschen, die Baumgartner Höhe und die nahe Krankenpflegeschule bringen reichlich Laufkundschaft. Außerdem liegt das Geschäft an einer stark befahrenen Pendlerroute, die Bedarfsanalyse ergab also ein vielversprechendes Bild.
Kapitalbedarf
Als nächstes galt es, den Kapitalbedarf zu klären. Obwohl die Genossenschaft auch zur Renovierung beigetragen hat, musste ich selber doch noch eine Menge Geld hineinstecken, mehr als ich Anfangs angenommen hatte. Voraussetzung, um einen Kredit zu bekommen, war ein solider Business-Plan. Bei der Erstellung habe ich mich von unserem Kursleiter, Mag. Wolfgang Fuchs, zusätzlich beraten lassen. Zum Glück, muss ich sagen, denn obwohl wir wirklich schonungslos gründlich waren, hat mich das Ausmaß der Kosten von ungefähr 80.000 Euro für den Umbau letztendlich ziemlich überrascht, ohne professionelle Hilfe hätte ich womöglich einen Fehlstart hingelegt.
Sortiment
Und: Es ist ja nicht damit getan, das Geschäft ordentlich her- und einzurichten. Der nächste große Brocken, der finanziert werden muss, ist das Sortiment, dafür musste ich noch einmal 5.000 Euro aufwenden. Mir war von vornherein klar, dass ich mich als Nahversorger positionieren will und muss. Also habe ich mir Gedanken gemacht, was für ein Angebot da gefragt sein könnte. Bei den Lebensmitteln war mir natürlich Qualität wichtig, möglichst Bio, aber nicht ausschließlich.
Ich darf mit meiner Konzession auch Frischfleisch in gewissen Mengen verkaufen – maximal fünf Kilo darf ein Stück Fleisch wiegen, wenn ich es angeliefert bekomme. Ich bin noch auf der Suche nach einem regionalen Lieferanten, der meine Erwartungen in Sachen Bio-Qualität und ethisch vertretbaren Produkten erfüllt.
Ich habe das Sortiment stark nach einem persönlichen Geschmack zusammengestellt. Das hat Anfangs dazu geführt, dass ich auf einer Reihe von Produkten sitzengeblieben bin. Und auch die Startkosten hat es beeinflusst – was mich aber nicht überrascht hat, denn auch das war Thema in einem meiner WKO-Kurse.
Kundennähe
Am 11.11. 2016 habe ich eröffnet. Davor war das Geschäft ein gutes Jahr geschlossen, außerdem hatte mein Vorgänger mit seiner ruppigen Art die Stammkunden ziemlich vergrault. Das war für mich allerdings gar nicht so nachteilig, wie man meinen könnte. Ich konnte so niemanden enttäuschen – im Gegenteil, alle waren froh, wieder eine Greißlerei in der Gegend zu haben.
Jetzt, nach etwa einem Jahr, beginnt sich das Geschäft auch zu rechnen. Vor allem kenne ich meine Klientel und ihre Vorlieben jetzt besser: für die eingesessenen Senioren sind etwa Konserven und andere haltbare Lebensmittel wichtig. Die neu oder wieder hergezogenen jungen Menschen sind an regionalen Bio-Produkten interessiert, vor allem bei Schinken, Wurst und Speck, was auch mir sehr wichtig ist.
Frischware
Brot und Gebäck bekomme ich von der Karlsbäckerei, einem super Bäcker aus dem nahen Niederösterreich, der auch die Gastronomie beliefert. Der bäckt nicht nur täglich Brot, Feingebäck und Mehlspeisen frisch, sondern hat mir auch einen Ofen hergestellt, mit dem ich am Nachmittag Tiefkühlware aufbacken kann, so kann ich auch unerwartete Nachfragespitzen befriedigen.
Dazu habe ich eine Reihe von Spezialitäten, offene Gewürze von Sonnentor etwa und Weine von speziellen, kleinen Winzern. Oder Honig von einer Imkerin vom Wienerwald ganz aus der Nähe – regionaler geht es kaum. Und sehr wichtig für meine Kunden sind Dinge wie Glühbirnen, Zündhölzer, Hygieneartikel und natürlich Klopapier! Denn wenn sie dafür extra zum Supermarkt fahren müssten, könnten sie ja gleich dort einkaufen.
Buchhandlung durch die Hintertür
Jetzt, nach dem ersten Jahr, kann ich sagen: Es hat sich gelohnt. Natürlich gibt es noch jede Menge Verbesserungspotential, auch in Sachen Kundenwünsche und Umsatzmengen lerne ich laufend dazu. Doch sobald alles passt, möchte ich auch noch meinen Traum von der Buchhandlung in meiner Greißlerei verwirklichen. Ich habe schon eine Ecke dafür vorgesehen, auch Tische und Sofas gibt es schon. Noch dienen sie in erster Linie Handwerkern, die bei mir ihre Mittagspause verbringen, oder Kunden aus der Nachbarschaft, die hier ihren Kaffee trinken. Aber irgendwann soll es eine gemütliche Leseecke und hoffentlich auch ein gut frequentierter Treffpunkt am Flötzersteig werden.
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