So geht selbständig.

Moser Tuning auf der Jörgerstrasse in Wien Hernals galt in der Zeit, als Bergrennen und Rallys noch beliebte Wochenendbeschäftigungen waren, als der Experte für italienische Rennsportwägen. Michael Moser kümmerte sich im Familienbetrieb um die Wünsche ambitionierter Motorsportler und hatte mit dem operativen Geschäft kaum etwas zu schaffen. Bis sein Vater relativ plötzlich starb, der Junior über Nacht zum Firmenchef wurde – und vor der Aufgabe stand, dem in die Jahre gekommenen Betrieb eine neues Konzept zu verpassen. 

Familienbetrieb in 3. Generation

Die Firma wurde 1955 von meinem Großvater gegründet, ursprünglich als Motorradwerkstatt. Obwohl er schon längst ein Auto besaß, fuhr Opa Rudolf Moser Sommer wie Winter lieber Motorrad. Neben etlichen anderen Marken betreute er auch Puch, woraus später Steyr-Fiat wurde – und so kamen auch Autos ins Haus und in die Werkstatt.

In den 60er Jahren übernahmen dann mein Vater und sein Bruder die Firma. Mein Onkel konnte Motorräder überhaupt nicht ausstehen. Meinen Vater interessierten sie zwar privat, geschäftlich hielt er sie für uninteressant. Also legten sie den Schwerpunkt ganz auf die Autos. Es gelang ihnen, einen Vertrag mit dem ÖAMTC abzuschließen, der uns die Wartung der gesamten Flotte einbrachte, dazu kam der Neuwagenhandel. Das Geschäft florierte.

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Plötzlich Chef

Anfang 2016 starb mein Vater ziemlich überraschend, ich übernahm die Firmenleitung – und fand das Unternehmen in einem katastrophalen Zustand. Ich war bis dahin in der Motorsportabteilung beschäftigt und vom operativen Geschäft völlig abgekoppelt. Meine Versuche, mich strategisch einzubringen, waren bei meinem Vater nie gut angekommen. Jetzt sah ich, dass die ausschließliche Konzentration auf das klassische Reparaturgeschäft der Auslastung abträglich war, unser Gewinn schrumpfte von Jahr zu Jahr.

Ich hatte meinem Vater vorgeschlagen, unser Service auf Motorräder auszuweiten – deren Zahl nimmt ja insbesondere in der Stadt auf Kosten der PKW stetig zu. Das hätte uns ein weiteres Standbein gebracht. Die Motorsportabteilung hatten wir schließen müssen, es hätte also sogar reichlich freie Kapazitäten gegeben. Aber er wollte davon nichts wissen, wir haben sogar potentielle Kunden weggeschickt, die unsere Umsatzzahlen wenigstens ein bisschen konsolidiert hätten.

Der Markt hat sich eben verändert: Heute sind die meisten Autos geleast und vertraglich an die Markenwerkstatt gebunden. Gegen dieses System hat man, wenn überhaupt, nur mit erstklassigem Service eine Chance. Den hatten wir aber nicht – wegen einer Fehlbesetzung in der Auftragsannahme. Zumindest dieses Problem hat sich aber dank einem freiwilligen Abgang selbst gelöst.

Zusperren? Keine Option!

Mein Onkel war in der Situation auch keine Stütze, er hatte nach dem Tod seines Bruders jegliche Motivation verloren, er hätte am liebsten zugesperrt. Am einfachsten wäre gewesen, die Werkstatt samt der Immobilie, die der Familie gehört, einfach zu verkaufen. Finanziell hätte ich dann wohl ausgesorgt gehabt.

Aber ich erinnere mich halt noch genau, wie ich als Bub in unserem Ausstellungsraum gestanden bin: Ich habe gerade über die Motorhaube des dort stehende Sportwagens, eines Fiat X1/9 drüberschauen können – ich habe noch den Geruch in der Nase und die Geräusche der Werkstatt im Ohr – und ich entschied: Genau das will ich machen, wenn ich groß bin! 

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Bestandsaufnahme und Unternehmensprognose

Ich war also plötzlich in der Situation, mir meinen Kindheitstraum erfüllen zu können und habe Vollgas gegeben. Erst mal galt es, die Immobilie zu bewerten, um den finanziellen Spielraum für anstehende Investitionen auszuloten. Und ich habe die Bank, mit der wir 30 Jahre zusammengearbeitet hatten, gewechselt. Seit unser Betreuer in die Direktion gewechselt war, gestaltete sich die Zusammenarbeit unerfreulich, mein Vater ist wohl aus Gewohnheit treu geblieben.

Ein Bekannter meines Onkels, der als Unternehmensberater zwar schon längst in Pension, aber noch höchst aktiv ist, hat mich als Betriebsberater unterstützt. Wir haben eine Unternehmensprognose erstellt und schließlich eine neue Bank für die Finanzierung des Neustarts gefunden.

Den Business Plan habe ich selbst erstellt, basierend auf meinen Erfahrungen, die ich als Projektleiter bei Fiat Österreich in den 1990er Jahren als Verbindungsmann zur Zentrale in Italien gemacht habe. Weil ich nicht mehr auf dem neuesten Stand war, habe ich mir Tutorials auf Youtube und Best Practice-Beispiele auf einschlägigen Internet Seiten angeschaut. Die Banken konnte ich jedenfalls überzeugen, jetzt versuchen wir, das auch umzusetzen.

Eine neue Strategie

Die Firma steht jetzt auf drei Säulen: der klassischen Autowerkstatt, der Betreuung von Young- und Oldtimern und den Motorrädern. Wir haben das komplette Angebot, vom Service bis zur Havarie-Instandsetzung, für alle Marken, für Autos wie für Motorräder. Bei den Oldtimern können wir auf unsere Erfahrung und die unserer Mitarbeiter setzen.

Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen Autos seit Jahrzehnten in der Garage stehen haben und irgendwann das Fahrzeug wieder flott machen wollen – sei es, weil sie es selber wieder nutzen wollen oder um ihren Kindern ein Geschenk zu machen. Neulich hatten wir einen Kunden, der war mit seinem Wagen auf Hochzeitsreise in Portugal – und zur Matura konnte sein Sohn dann die gleiche Reise im selben Wagen machen.

Die Mitarbeiter überzeugen

Natürlich mussten wir auch die Mitarbeiterstruktur anpassen. Einige Mitarbeiter, die schon lange bei uns waren, musste ich auf einen neuen Weg bringen. Vielen fiel es schwer, nach Jahrzehnten die eingefahrenen Abläufe zu verändern. Dazu hatte ich anfangs ein Autoritätsproblem, weil ich immer nur der Sohn vom Chef war, der oben im ersten Stock seine Rennsportkunden pflegt und dann plötzlich alles umkrempeln wollte. Die Reaktion war ein „Das hamma immer schon so gemacht!".

Wenn du den turn around hinkriegen willst, ist klar, du musst dich von einem Mitarbeiter trennen, wenn er drei mal hintereinander Anweisungen so abschmettert. Und dann möchte ich „Freaks" um mich haben, reifere Mitarbeiter, die erstens wissen, was bei einem Umbau etwa möglich und auch typisierbar ist, und denen auch bewusst ist, was ein Fahrzeug dem Besitzer bedeutet und welchen emotionalen Wert es für ihn hat.

Zurück zum Ursprung

Was die Motorräder anlangt, hatte ich besonderes Glück. Ein hervorragender Mechaniker, den ich persönlich schon lange kenne, hat sich entschieden, zu uns zu wechseln und mit mir die Motorradabteilung zum Laufen zu bringen. Wir haben einen Teil der Werkstatt mit den nötigen Werkzeugen und Maschinen ausgestattet, demnächst werden wir weiter vergrößern.

Einen anstehenden Umbau wollen wir nützen, um einen der zwei Keller für die Einlagerung von Motorrädern im Winter zu adaptieren. Die Keller wurden bislang ausschließlich als Ersatzteillager genutzt, das ist nicht mehr zeitgemäß. Alles, was ich heute bestelle, ist innerhalb von 24 Stunden geliefert. Die Keller lassen sich besser nützen. 

Erfahrene Mitarbeiter, niedrigere Fehlerquote

Ich habe auch ein wesentlich genaueres Controlling eingeführt. Ich weiß jetzt genau, wer wie viel Zeit für welche Arbeit braucht und was für eine Fehlerquote er hat. Da spielt sicher auch die Erfahrung aus dem Motorsport mit, wo man dauernd jedes Detail optimieren muss, um schnell zu sein. Die Zahl der Reklamationen ist deutlich gesunken, vielleicht auch, weil mittlerweile meine Mitarbeiter deutlich älter sind, als früher. Dafür sind sie meist Fanatiker, die fasziniert von der Materie sind und schon aus persönlichem Ehrgeiz jedes Problem lösen wollen. Das spürt der Kunde natürlich und honoriert es auch.

Dem Kunden Vergnügen bereiten

Persönliches Service ist für unseren Erfolg extrem wichtig, von der Übernahme bis zur Ausfolgung. Das erledige ich meistens persönlich. Und ich telefoniere ein paar Tage später noch mal nach, um zu fragen, ob der Kunde Spaß hat mit seinem Fahrzeug. Weil genau das ist es, womit wir uns von den sterilen, nach Schema F operierenden Großwerkstätten abheben wollen.

Wir stellen nicht nur sicher, dass ein uns anvertrautes Fahrzeug ordnungsgemäß behandelt wird, sondern wollen unseren Kunden darüber hinaus Vergnügen bereiten! Und ich glaube, das gelingt uns auch

Die Zeichen der Zeit erkennen

Bei aller Liebe: Ich bezweifle, dass wir die Neuausrichtung unserer Firma geschafft hätten, würde mein Vater noch hier im Büro sitzen. Der hat etliche Höhen und Tiefen erlebt und gemeistert, aber den tiefgreifenden Wandel unserer Industrie im letzten Jahrzehnt vielleicht nicht in seiner ganzen Dimension überblickt. Wie so viele Unternehmer seiner Generation hätte er sich wahrscheinlich darauf verlassen, dass auch dieses Tief vorbei geht. Diese Einstellung wäre sogar einem Riesen wie Denzel fast zum Verhängnis geworden. Uns wird das nicht passieren, wir sind jetzt gut gerüstet!

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