Wie beim Messerschleifen eine patentwürdige Idee entstand
Kluge Beobachtung eines Alltagsproblems brachte Horst Raffalt auf die Idee zu seinem "Multistopper". Heute wird der ehemalige Messerschleifer von Investoren hofiert.
Horst Raffalts Erfindung erscheint auf den ersten Blick banal. Die zwei Silikonleisten, auf die er mittlerweile Patente auch in Australien und den USA angemeldet hat, erwecken nicht unbedingt den Eindruck eines Produkts, auf das die Welt gewartet hat. Bei genauer Betrachtung allerdings wird rasch klar, dass die Multistopper auf geradezu geniale Weise eine Reihe von Alltagsärgernissen beseitigen, Arbeitsplätze angenehmer und Küchen hygienischer machen können.
Umtriebiges Temperament
Ich habe schon während meiner Schulzeit eine Menge unterschiedlicher Jobs gemacht, immer gern gearbeitet. Nach der HTL für Betriebstechnik habe ich zunächst in Unternehmen, die diese Qualifikation suchten, angefangen, allerdings in Vertrieb und Marketing. Bei Johnson&Johnson bedeutete das etwa, die damals ganz neuen Einwegkontaktlinsen auf den Markt und unter die Leute zu bringen. Weil ich mein Plansoll meist bereits zu Mittag erfüllt hatte, begann ich, nach sinnvoller Beschäftigung für den Nachmittag Ausschau zu halten.
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Die fand ich, indem ich Computerreinigungen anbot und eine eigene Firma gründete. Ich beschäftigte ein paar geringfügig angestellte Studenten und machte gute Geschäfte. Die Firma war so erfolgreich, dass das Magazin Trend darüber berichtete. Zufällig erschien allerdings in der gleichen Ausgabe ein Inserat von Johnson&Johnson, und so erfuhr mein Chef von meinem unternehmerischen Alleingang. In der Folge trennten sich unsere Wege.
Suche nach der idealen Beschäftigung
Etwa zehn Jahre lebte ich recht abwechslungsreich: Ich hatte unter anderem eine frühe Biogreißlerei in Meidling und eine Firma, die Hüpfburgen in städtischen Freibädern betrieb. Letzteres zog allerdings viel Arbeit nach sich und das Privatleben in Mitleidenschaft. Also suchte ich nach einem neuen beruflichen Weg. Der sollte einerseits mein Einkommen sichern, mir aber auch den persönlichen Freiraum schaffen, den ich mir wünschte.
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Analyse der Chancen und Potentiale
Also überlegte ich mir, in welchem Bereich sich in den nächsten Jahren Chancen ergeben würden und wo ich mein technisches Wissen gewinnbringend einsetzen könnte. Von den Branchen, die ich mir anschaute, hatte eigentlich nur die Gastronomie eine vernünftige Prognose. Also suchte ich nach einer Dienstleistung, die ich da anbieten konnte und irgendwann kam mir die Idee, ein mobiles Messerschleifservice anzubieten. Die großen kommerziellen Anbieter sind kostspielig, und es gibt kaum noch Spezialisten, die das Handwerk beherrschen.
Also habe ich mich von einem achtzigjährigen Meister ausbilden lassen, habe in meinem Fiat Panda eine mobile Werkstatt eingerichtet und bin von einem Restaurant zum nächsten getingelt. Dann zu den Großküchen, und dort hatte ich wieder eine Idee.
Ein Problem identifiziert
Scharfe Messer sind wichtig, um gut arbeiten zu können. Was mir aber dabei aufgefallen ist, waren die Schneidbretter. Hygienetechnisch sind die ein Thema, nicht nur wegen der immer strengeren Bestimmungen. In den unzähligen Scharten, die so ein Brett bald aufweist, gedeihen Keime noch besser, als sie das auf den feuchten Oberflächen ohnehin schon tun.
Die früher üblichen Holzbretter konnte noch der nächste Tischler hobeln und so wieder brauchbar machen. Für die heute vorgeschriebenen Kunststoffbretter fühlten sie sich nicht mehr zuständig, hatten nicht die nötigen Maschinen. Die Anbieter, die es konnten, waren rar und teuer.
Aber das einfache Abhobeln, das sie anboten, war in meinen Augen auch nicht optimal, denn zwischen den planen Flächen halten sich Keime und Feuchtigkeit beim Trocknen hartnäckig. Irgendwann stieß ich auf eine Methode, die nach der Überholung eine wellige Oberfläche hinterlässt, wodurch die Schneidbretter beim Trocknen nicht mehr aneinander kleben, gut durchlüftet trocknen, und zudem auch noch sicherer in der Handhabung sind.
Aus der Beobachtung Schlüsse gezogen
Aber offensichtlich noch immer nicht ausreichend praktisch in der Handhabung. Vor allem in den Großküchen von Krankenhäusern und Pflegeanstalten, aber auch in der gehobenen Gastronomie konnte ich beobachten, wie die Köche sich mit den verschiedensten Tricks zu helfen versuchten.
Es ging ihnen darum, zu verhindern, dass die Bretter verrutschten, wackelten, und dennoch leicht zu handhaben waren. Irgendwann habe ich beobachtet, wie in einer Küche ein Commis die breiten Gummiringe von Rex Gläsern wusch, mit denen die Köche ihre Bretter fixierten. Gummi ist als Brutstätte für Keime geradezu ideal, also musste dauernd gewaschen werden.
Eine Lösung gefunden
Also habe ich zu tüfteln begonnen, Materialien und Formen gesucht, Prototypen gebastelt, getestet und verworfen, bis ich schließlich beim Silikon und einem Produzenten gelandet bin, der meine Vorstellungen verstehen und umsetzen konnte. Immerhin muss das Produkt höchsten Ansprüchen gerecht werden, die Oberfläche muss völlig fugenfrei sein, um Keimen keine Angriffsfläche zu bieten und 5000 Reinigungen in Gastronomiespülmaschinen aushalten. Dann machte ich mich an die Patentierung, die sich über gut ein Jahr hinzog und den Löwenanteil der Investitionen beansprucht hat.
Unterstützung durch den Pool-Service der WKW
In dieser Zeit habe ich auch das Kooperationsservice der Wirtschaftskammer Wien in Anspruch genommen. Das war ein für mich sehr wichtiger Schritt. Die Experten des Pools haben zunächst die Anforderungen an die Kooperation mit mir erarbeitet und mich dann mit dem Verkaufsprofi Toni Ferk zusammengebracht, dessen Expertise sehr hilfreich war. Er hat mir die Augen für die Notwendigkeit von Investitionen ins Marketing geöffnet. Und dank seiner Anregung führe ich jetzt auch persönliche Gespräche mit Köchen und lasse ihre Inputs in meinen Marketingplan einfließen.
Anmeldung zum Patent
35.000 Euro habe ich dafür bisher aus meinen Rücklagen locker gemacht, etwa die Hälfte für die Patentanmeldung in Österreich, noch einmal so viel für die USA und Australien, Russland, China sowie 38 Länder im EU-Raum. Die Beamten vom Patentamt waren ausgesprochen hilfreich. Sie haben mich geduldig durch den Prozess geführt, den ich ohne spezialisierten Anwalt erledigt habe.
Allerdings haben sie mir zum Schluss dringend empfohlen, doch einen Anwalt hinzuzuziehen, um meine Ansprüche auch tatsächlich sicherzustellen. Besonders schwer gefallen ist mir anfangs auch die Beschreibung des zu schützenden Objekts. Die Beamten waren da sehr streng, schließlich hängt es von der Formulierung ab, ob und wie allfällige Konkurrenten das Patent umgehen können.
Markteintritt und Verhandlungen mit Investoren
Nach den ersten Prototypen habe ich eine Serie von 5.000 Stück herstellen lassen. Die Produktion habe ich aus dem Cashflow meiner anderen Unternehmungen finanziert. 20.000 Euro plane ich in die Vermarktung zu investieren, Toni Ferk liefert das Marketing Know-how. Ein wichtiger Punkt sind dabei Referenzen und deren Bedeutung für die internationale Vermarktung.
Auch die ersten potentiellen Investoren, die sich an der Firma beteiligen wollen, haben sich schon gemeldet. Offensichtlich haben die Multistopper wirtschaftliches Potential. Ich werde mir aber ganz genau anschauen, wie ich Markteinführung und Firmenstruktur anlege. Weil eines liegt mir gar nicht: ein Managerleben im Büro!
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