So geht selbständig.

Sotirios Kostoulas kam 2012 auf der Suche nach Möglichkeiten nach Wien. Georgios Katsaris, Inhaber einer kleinen Athener Bäckereien-Kette, wollte nur für wenige Tage vorbeikommen, um eine Getreidemühle zu kaufen, eröffnete dann aber in Wien eine weitere Filiale. Athina Gkoritsa hatte sogar zwei Jobs daheim, sehnte sich allerdings nach ihrem Sotirios. Alle drei gemeinsam schufen schließlich mit der Griechischen Bäckerei und Feinkosthandlung Pnyka Bakery in der Wiener Landskrongasse einen florierenden Treffpunkt für Griechen, Griechenlandbegeisterte und Genießer.

Erfinderisch in der Krise

Sotirios und ich kennen uns aus unserer Heimatstadt Joannina in Epirus. Vor fünf Jahren ging er nach Wien, die Umstände in Griechenland waren bekanntlich nicht gerade rosig. In Wien konnte er problemlos Arbeit in griechischen Restaurants finden. Ich hingegen studierte Lebensmittelkunde in Kafalonia. Um mir das Studium zu finanzieren, jobbte ich als Lehrerin in einer englischen Schule und abends in einer Bar am Meer. Nachdem sich abzeichnete, dass das Leben in Griechenland nicht einfacher werden würde und wir auch endlich zusammenleben wollten, beschloss ich, zu Sotirios nach Wien zu ziehen.

Griechenland-Feeling in Wien

Ebenfalls vor ungefähr fünf Jahren war Georgios Kotsaris nach Wien gereist, um für seine mittelständische Bäckerei in Athen eine professionelle Getreidemühle zu kaufen. Während seines Aufenthalts traf er viele Menschen, die von griechischen Produkten schwärmten und ihn so überschwänglich aufnahmen, dass er beschloss, in Wien seine vierte Filiale zu eröffnen. Die lief auch recht gut, sie von Athen aus zu führen gestaltete sich allerdings aufwändig.

Win-Win-Situation

Ich kam also im Juli 2013 in Wien an und wir überlegten, womit wir gemeinsam unseren Lebensunterhalt bestreiten sollten. Schnell wurde klar: Wir wollten etwas Eigenes machen. Über die griechische Community haben wir die Pnyka-Filiale kennengelernt. Wir suchten das Gespräch mit Georgios Kotsaris, der war sofort interessiert.

Nach und nach entwickelten wir ein Modell, das für beide Seiten fast nur Vorteile hat. Wir begannen in einer Partnerschaft zu arbeiten, die ein bisschen wie ein atypisches Franchise funktioniert: Er war glücklich jemanden zu haben, der ständig vor Ort ist, und wir hatten den Vorteil, ein bereits eingeführtes Geschäft zu übernehmen.

Atypisches Franchise

Wir behielten den Namen und die Produktpalette von Pnyka bei, bekamen auch eine gründliche Schulung in der Backstube in Athen und hier in Wien. Dafür tragen wir sämtliche Kosten und haben den weitest möglichen Entscheidungsspielraum, um das Angebot nach eigenen Vorstellungen auszuweiten. Denn nur mit Gebäck und Mehlspeisen aller Art könnten wir uns wohl nicht über Wasser halten, weil da die Margen eher niedrig sind. Auch dürfen wir Brot an diesem Standort noch nicht selber herstellen sondern nur aufbacken, was für uns aber nicht in Frage kommt.

Flexible Produktpalette

Unser Sortiment an Backwaren, Rohstoffen und Zutaten bekommen wir auf verschiedenen Wegen regelmäßig von der Pnyka-Zentrale aus Athen. Kürzer Haltbares kommt auch per Luftfracht. Natürlich haben wir eine Menge Produkte, die problemlos ein paar Tage frisch bleiben: Paximadi oder ähnliche trocken gebackene Brotarten sowie verschiedene Kekse haben ja in Griechenland lange Tradition.

Aber am besten sind natürlich die frisch gebackenen Spezialitäten mit den typischen Aromen von Zimt, Nelke, Honig, Rosinen und Sesam oder auch Schokolade. Wenn diese Düfte aus dem Backofen auf die Straße dringen, kann kaum jemand vorbeigehen ohne seine Nase ins Geschäft zu stecken. Mittlerweile fragen auch viele österreichische Kunden schon ungeduldig nach unserem Galaktobureko aus echtem Blätterteig und Bio-Ziegenmilch oder dem Orangenkuchen mit Olivenöl, Joghurt und Zimt, wenn wir die einmal ein, zwei Tage nicht in der Vitrine hatten, nicht nur die zahlreichen Exilgriechen.

Marktforschung an der Theke

Die Exilgriechen machen immerhin fast die Häfte unserer Kunden aus: Bei uns finden Sie die vertrauten Gerüche der Heimat, aber auch viele Produkte, für die nicht soviel Nachfrage in Wien besteht, als dass sie große Importeure in den Vertrieb aufnehmen würden. Wenn ein Kunde nach einem bestimmten Produkt fragt, versuchen wir es nach Wien zu bringen. Wenn es auch anderen schmeckt wird es ins Sortiment aufgenommen.

Und nach jedem Sommerurlaub werden neue Laufkunden zu Stammgästen, etwa wenn sie entdecken, dass man auch bei uns einen Cappucino Freddo oder Frappé wie in Griechenland bekommt. Auch Angestellte und Verkäuferinnen aus der Umgebung finden sich zunehmend unter unseren Kunden. Den schnellen Snack zwischendurch kennen die Griechen ja schon ewig, Tiropita – ein Blätterteiggebäck mit Käse und Kouluri – die knusprigen Sesamringe – eignen sich dafür ganz hervorragend.

Wachsende Bekanntheit

Die Zusammensetzung unserer Kundschaft verschiebt sich also schön langsam zu Gunsten der "echten" Wiener, die Wiener Griechen sind aber immer noch unser verlässlichstes Standbein. Sie haben von Anfang an unsere Idee, das Image der Griechen durch konsequente, kundenorientierte Arbeit zu verbessern, unterstützt. Wir haben auch immer wieder Aufträge für Caterings bekommen, im privaten Kreis oder bei Kulturveranstaltungen. Und weil zu diesen oft auch Griechenland-affine Österreicher kommen, hat sich unsere Bekanntheit stetig gesteigert.

Nachdem wir uns Werbung nicht leisten können, sind Mund-zu-Mund Propaganda und Facebook unsere wichtigste Kommunikationsschiene. Wir haben in den letzten zwei Jahren viel Zeit und Arbeit in den Betrieb gesteckt, was sich mittlerweile bezahlt macht. Reich sind wir zwar noch nicht geworden, aber wir sind sehr zufrieden mit unserem Erfolg.

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