Wie Isabel Groschopf beruflich umsattelte und Psychotherapeutin wurde
Weil sie ihr Beruf nicht mehr erfüllte, machte sich Isabel Groschopf als systemische Familientherapeutin selbständig. Rechtlich gesehen ist sie nun "Neue Selbständige".
Nach Jahren als Prokuristin eines Unternehmens wollte Isabel Groschopf weniger Zeit für Bürokratie aufwenden und berufliche Verantwortung für sich selbst übernehmen. Sie begann die Ausbildung zur Psychotherapeutin und machte sich selbstständig.
Berufswechsel nach der Karenz
Ich habe ursprünglich Unternehmensführung studiert und dann etliche Jahre als Prokuristin eines Unternehmens gearbeitet. 2011 wurde meine Tochter geboren, 2012 ging ich, nach der Karenz, wieder in meinen Job zurück. Recht bald bekam ich aber das Gefühl, etwas in meinem Leben ändern zu müssen. Mir fehlte etwas. Ich habe versucht, herauszufinden, was das war, habe verschiedene Berufsalternativen überlegt.
Schließlich entschloss ich mich, Therapeutin zu werden. Ausschlaggebend dafür war für mich, dass ich gerne Menschen zuhöre und mir ihre Geschichten gut merke. Und ich will gerne helfen, Lösungen anbieten, wie etwa besser zu machen wäre. Ich war damals nach einem Todesfall in der Familie, der mich sehr belastet hat, selbst in Therapie. Das alles gab schließlich den Ausschlag für den Umstieg.
Ausbildung zur Psychotherapeutin
Die Ausbildung zur Psychotherapeutin dauert ungefähr sechs Jahre. Zuerst absolviert man ein zweijähriges Propedeutikum. Das ist eine Art Grundausbildung, die alle angehenden Therapeuten machen müssen – unabhängig davon, welche Richtung sie nachher einschlagen wollen. Das Propedeutikum umfasst Ausbildungsseminare (etwa ein Wochenende pro Monat), etwa 420 Stunden, das ist sich neben meinem Beruf als Prokuristin noch ausgegangen.
Danach beginnt man mit der Fachausbildung. Die umfasst weitere Ausbildungsseminare plus 550 Stunden Praktikum in den ersten beiden Jahren, darunter auch Praktika in Psychiatrien. Das wäre mit dem Beruf nicht mehr vereinbar gewesen, also bin ich in Bildungskarenz gegangen.
Wenn man die 550 Stunden absolviert hat, legt man eine Zwischenprüfung vor einer Kommission ab, um den so genannten Status zu bekommen. Wenn man die besteht, darf man als Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision arbeiten. Supervision bedeutet, seine Fälle mit einem Lehrtherapeuten zu besprechen.
Im letzten Abschnitt muss man dann noch einmal 600 Stunden nachweisen: Therapiestunden und Protokolle, Ausbildungsseminare, Selbsterfahrungsstunden, etc. Erst dann ist die Ausbildung abgeschlossen und man darf auch ohne Supervision arbeiten.
Schritt in die Selbständigkeit
Nach vier Jahren Ausbildung, etwa am Ende meiner Bildungskarenz, war ich also so weit, selbständig arbeiten zu dürfen. Das war auch gut so, denn ich musste ja auch wieder etwas verdienen.
Als Psychotherapeutin bin ich eine so genannte Neue Selbständige. Die Berufsbefähigung wird mir vom Psychotherapeutenverband bescheinigt, das Gewerberecht betrifft mich nicht, und ich bin auch kein Mitglied der Wirtschaftskammer. Die Pflichtversicherung betrifft mich aber sehr wohl: Neue Selbständige müssen sich selbst bei der SVS versichern. Man kann das auch recht einfach selbst erledigen, es genügt, soweit ich weiß, ein Online-Formular auszufüllen. Ich habe das aber meiner Steuerberaterin überlassen.
Sozialversicherungsbeiträge selbst eingeschätzt
Dank meines früheren Berufs weiß ich, wie die Sozialversicherung funktioniert, also dass einem am Anfang nur geringe Beträge vorgeschrieben werden, dass dann aber nach ein paar Jahren die Nachzahlungen kommen. Meine Steuerberaterin hat ausgerechnet, wie viel ich gleich ab dem ersten Jahr zahlen sollte, damit ich später keine Nachzahlungen habe. Ich wollte da keine Fehler machen, und man weiß ja nie, wie es in vier Jahren rennt. Mir ist es lieber zu zahlen, wenn das Geld hereinkommt. Und die Beiträge sind ja auch von der Steuer absetzbar.
Homepage als Visitenkarte
Ich habe rasch gemerkt, dass es nicht so leicht ist, gleich ausreichend Klienten zu bekommen. Eine Kollegin hat mir dann geraten, eine Homepage zu erstellen: Potentielle Klienten wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben, bevor sie sich für eine Therapeutin entscheiden. Das gilt auch wenn etwa Kollegen mir Klienten weitervermitteln, weil sie selbst keine Kapazität mehr haben.
Ich habe also selbst und mit recht einfachen Mitteln eine Website zusammengestellt. Und ich kann sagen, es funktioniert recht gut. Ich habe schon einige Anfragen darüber bekommen. Und nicht zuletzt ist sie auch meine neue Visitenkarte – es gibt ja auch einiges über mich in Zusammenhang mit meinem alten Beruf im Web.
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Erste Erfolge
Ich hatte dann auch relativ rasch das Glück, im Verein PASS unterzukommen – einer Praxis, die sich auf Suchtkrankheiten spezialisiert hat und immer wieder Bedarf an Therapeuten hat. Ich betreue dort – immer noch unter Supervision – auf Honorarbasis bis zu 15 Suchtkranke pro Woche. Außerdem arbeite ich noch einige Stunden in der Praxis einer Kollegin. Das bringt mir inzwischen ein solides Grundeinkommen und ich bin nicht mehr, wie Anfangs, auf die Unterstützung meines Lebensgefährten angewiesen.
Geglückter Umstieg
Meine Fachrichtung ist die Systemische Familientherapie. Ich habe mich dafür entschieden, weil mir der Ansatz dieser Schule gut gefällt: Wir sehen uns nicht als Experten, der Klient ist der Experte. Wir können ihm durch Fragen helfen, selbst draufzukommen, wie er ein Problem löst. Und wir versuchen, das System zu verstehen, in dem der Klient lebt. Wenn da in einem Bereich etwas passiert, hat es Auswirkungen auf das Ganze. Als Quereinsteigerin – ich habe ja nicht Psychologie studiert – gefällt mir auch, dass wir im Systemischen viele Tools und Techniken haben, mit denen man arbeiten kann.
Rückblickend bin ich sehr glücklich, dass ich diesen Schritt gesetzt habe. Was ich erhofft habe, ist eingetreten: Ich habe einen Beruf, der mich ausfüllt, und die Flexibilität, mir Zeit für meine Familie zu nehmen.
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