Wie Kleinbauern im Salzkammergut ein Paradies für Urlaubsgäste schufen
Aussteigen und einen Bauernhof betreiben - diesen Lebenstraum haben sich zwei Münchner in Österreich erfüllt. Damit sich das ausgeht, können Gäste am Landleben teilhaben.
Nach Jahren im Büro, der Stadt, dem durchorganisierten, modernen Arbeitsleben wollten die Münchner Stephanie und Wolfgang Illinger einfach nur noch raus. In Österreich, der Heimat von Wolfgangs Mutter, haben sich der Bauingenieur und die Ernährungswissenschaftlerin einen kleinen Bauernhof gekauft, den sie mit neuem Leben erfüllen wollen. Weil man aber von klassischer Landwirtschaft heute nicht mehr leben kann, soll Urlaub am Ferienhof Außere Halt die wichtigste Einnahmequelle werden.
Endlich aussteigen
Der Gedanke, irgendwann einmal als Bauern auf dem Land zu leben, schlummerte schon lange in unserer Vorstellung. Ich habe die meiste Zeit im Büro oder als Assistent meines Chefs an der Hochschule München gearbeitet, meine Frau für einen großen Konzern in der Entwicklung von Küchengeräten. Als dann unsere zweite Tochter auf die Welt kam, haben wir festgestellt, das Irgendwann könne eigentlich nur jetzt sein – je länger wir warten würden, desto komplizierter würde es werden.
Traumobjekt in Österreich
Natürlich haben auch wir von der Toskana geträumt. Aber die Rechtsunsicherheit – es gibt in der Toskana kein verbindliches Grundbuch – hat uns dann doch abgeschreckt. Weil wir aber definitiv raus aus Deutschland wollten und es eine familiäre Verbindung nach Österreich gibt, haben wir uns da umgesehen. Erst in Tirol, durch Zufall sind wir dann aber auf diesen Hof im Salzkammergut gestoßen, nicht weit von Gmunden, dem Geburtsort meiner Mutter entfernt. Der Altbauer war gerade im Begriff, sich aufs Altenteil in einer Seniorenresidenz zurückzuziehen, Lage und Größe des Anwesens entsprachen ziemlich genau unseren Vorstellungen. Also haben wir es ihm kurzentschlossen Ende 2015 abgekauft, um vom Vaterland ins Mutterland zu ziehen.
%MEDIUM-RECTANGLES%
Einstieg als Nebenerwerbsbauern
Ein weiterer Grund, nicht in die Ferne zu schweifen, war auch, dass wir überhaupt keine Strategie hatten, wie unser Plan in die Tat umzusetzen wäre. Wir waren, zumindest anfangs, auf unsere Einkünfte von daheim angewiesen. Neben unseren Jobs sind das vor allem Einkünfte aus Häusern, die wir in Freising gemietet oder geerbt haben. Dort leben viele Studenten, die von uns adaptierte Wohnungen mieten. Das schafft uns einen gewissen finanziellen Spielraum, erfordert aber auch immer wieder unsere Anwesenheit.
Das geht sich jetzt gut aus. Seit Pfingsten 2016 haben wir unseren Hauptwohnsitz in Österreich. In knapp drei Stunden ist man in Freising. Unseren Lebensunterhalt können wir also bestreiten. Den Hof haben wir auf Kredit gekauft, aus den Mieteinnahmen darf aber nichts in die Erhaltung des Hofes fließen, sonst geht es sich nicht aus.
Einnahmen durch Urlaub am Bauernhof
Wir wollen die Landwirtschaft biologisch führen, etwas anderes ist bei unserer Kleinheit auch gar nicht möglich. Und der Bauernhof allein würde sich auch nicht rechnen. Die Idee ist daher, Leben am Bauernhof für Gäste erlebbar zu machen – und sie so zumindest für die Zeit ihres Urlaubs an unserem Traum teilhaben zu lassen. Unser Businessplan sieht vor, dass wir mit den Einkünften aus den Fremdenzimmern auf eine schwarze Null kommen.
Obwohl wir beide heilfroh sind, dass wir den bürokratischen Irrsinn unserer Berufe hinter uns gelassen haben, wollen wir doch eine Förderung zur Errichtung von Ferienwohnungen beantragen. Es gibt einen einmaligen Zuschuss, den wir gerne nutzen wollen, um den uns vorschwebenden baubiologischen Standard zu erzielen. Den Call gibt es viermal im Jahr, wir hoffen natürlich, dass wir als förderwürdig eingestuft werden.
Know-how aus der Landwirtschaftsschule
Als gelernter Schreiner und Bauingenieur kann ich die meisten anfallenden Umbauarbeiten – abgesehen von Installation und Heizung – selber machen. Dennoch war mir von Anfang an klar, dass ich eine Landwirtschaftsschule besuchen muss. Man kann zwar alles auch über Versuch und Irrtum lernen, allerdings dauert es in der Natur zumindest ein Jahr, bis man Feedback bekommt. So lange wollte ich nicht warten.
Also habe ich 540 Stunden Unterricht absolviert, als Abendkurs. Zwei Drittel waren Theorie, eines Praxis – für mich die beste Schule, die ich je besucht habe. Außerdem konnte ich ein total verwildertes Waldstück als Übungsgelände für die forstliche Praxis anbieten, so dass wir praktischerweise während der Schulzeit dort gleich ausgeholzt haben.
Ich habe mit dem Titel eines Landwirtschaftlichen Facharbeiters abgeschlossen, das ist die Voraussetzung, um eine bäuerliche Liegenschaft erwerben zu dürfen. Die zwei Jahre Praxis, die man dafür auch noch benötigt, darf ich am eigenen Grund erwerben und quasi nachreichen.
Ein spezielles Anforderungsprofil für Landwirte gibt es nicht. Die abgeschlossene Ausbildung ist aber für Quereinsteiger wie mich die wichtigste Bedingung, überhaupt eine Landwirtschaft erwerben und gegebenenfalls um Förderungen ansuchen zu dürfen.
Dauergrünland und jede Menge Tiere
Von den drei Hektar Land, die unsere Landwirtschaft umfasst, konnte früher die ganze Familie leben. Heutzutage ist das kaum noch vorstellbar. Wir wollen keinen Ackerbau betreiben, sondern uns auf Viehzucht konzentrieren – vor allem Ziegen und Schafe, wobei wir seltene, vom Aussterben bedrohte, langsam wachsende Rassen, die besondere Fleischqualität liefern, bevorzugen. Außerdem wollen wir auch einen Esel, natürlich Hühner und Enten, und – wenn wir dann ein wenig mehr Zeit haben – auch Bienen. Und später wollen wir unbedingt auch Wollschweine. Also alles, was auf einen Bauernhof gehört.
Zugegeben, das ist ein etwas anachronistisches und romantisches Bild, das uns da vorschwebt, aber sogar die Nachbarn hier sind begeistert. Schön, das hatten wir früher auch alles, sagen sie ganz sentimental. Nur haben sie keine Zeit mehr dafür, die meisten sind inzwischen nur noch Nebenerwerbslandwirte und arbeiten hauptberuflich als Angestellte oder Selbständige. Einen Teil der Einkünfte aus dieser Arbeit müssen sie dann noch in die Maschinen und Geräte für die Bearbeitung ihrer Flächen stecken.
Wir brauchen aber nicht unbedingt für jede Arbeit Maschinen: Ich mähe zum Beispiel teilweise händisch. Schon das Geräusch der Sense, wenn sie durch das hohe Gras fährt, ist für mich magisch. Und ich bin mir dann ganz sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben!
Weiterlesen: Mikes Farm – eine Anleitung für den erfolgreichen Umstieg
Weiterlesen: Du willst dich selbständig machen? Beantworte davor diese Fragen!
Weiterlesen: Fünf Mythen rund um die Selbständigkeit
Kommentare ( 0 )