Wer selbstständig arbeiten will, soll dies auch dürfen
Die Umqualifizierung von Selbstständigen zu Unselbstständigen ist problematisch. Die Entscheidung muss bei den Erwerbstätigen und nicht bei der Kasse liegen.
Österreich ist reich an Kassen: 18 Krankenversicherungsträger und 15 Krankenfürsorgeanstalten kümmern sich um ihr eigenes Dasein und streiten um die Beiträge der Erwerbstätigen.
Immer mehr Mehrfachversicherungen
Immer mehr Versicherte müssen an mehrere Sozialversicherungsträger gleichzeitig SV-Beiträge leisten. Diese Entwicklung resultiert unter anderem aus veränderten Erwerbstätigkeitsmustern, in denen die Österreicher leben und arbeiten. Es wird schwieriger, zwischen selbstständiger und unselbstständiger Arbeit messerscharf abzugrenzen: Angestellte arbeiten nebenbei selbständig oder betreiben eine kleine Landwirtschaft, Pensionisten arbeiten selbstständig weiter – die Welt ist komplexer als noch vor 30 Jahren.
Inzwischen sind über 83.000 Personen mehrfachversichert, Tendenz steigend. Beiträge über der Höchstbeitragsgrundlage können diese Personen zwar teilweise zurückfordern, die Erstattung geschieht jedoch nicht automatisch. Ebenso werden Servicegebühren für E-Cards mehrfach fällig. Derart zu viel kassierte ? 11,35 können nur im Antragswege refundiert werden. Ein Sozialversicherungssystem mit 26.000 Mitarbeitern und eigener IT-Gesellschaft ist außer Stande, solche Prozesse zu automatisieren.
Umqualifizierungen häufen sich
Parallel dazu häufen sich Fälle, in denen die Österr. Gesundheitskasse (ÖGK) Einzelunternehmer als Dienstnehmer ihrer Auftraggeber qualifizieren. In Extremfällen sind Selbständige, die für ihren Auftraggeber im Unternehmensgebäude eines Dritten Leistungen erbracht haben, zu Arbeitnehmern dieses Dritten erklärt worden, obwohl mit diesem Dritten gar nie ein Vertragsverhältnis bestanden hatte. In einem anderen Fall ist eine mir persönlich bekannte, selbstständige Seminartrainerin, die für mehrere Institute in verschiedenen Bundesländern Trainings gibt, nur in Bezug auf die Arbeit bei einem einzigen Institut zur Angestellten erklärt worden. Plötzlich war sie zusätzlich zur SVS auch ÖGK-versichert.
Die Österr. Gesundheitskasse erklärt Selbständige also gegen ihren Willen zu Unselbständigen. Solche Verfahren sind Ergebnis eines Kampfes zwischen der finanzschwachen Österr. Gesundheitskasse und der SVS um Versicherte und deren Beiträge.
Solche Umqualifizierungen verkomplizieren Abläufe, hemmen unternehmerisches Handeln, verteuern Aufträge und führen nicht selten zum Aus für das selbstständige Unternehmerdasein. Profiteur ist ausschließlich das Kassensystem, nicht der einzelne Bürger.
Recht auf Selbständigkeit etablieren
In einem paternalistischen System, das weiß, was gut für die Untertanen ist, entscheidet die Kasse. In einer liberalen Gesellschaft sollten die Erwerbstätigen selbst entscheiden, was sie brauchen. Es gibt mehrere Wege, dies zu erreichen:
- Freie Kassenwahl. Die freie Wahl der Krankenversicherung würde den bestehenden Kampf um Beiträge schlagartig beenden. In einem solchen Modell entscheidet sich der Versicherte frei und individuell, ob er z.B. bei einer Kasse mit Selbstbehalt und guten Leistungen oder bei einer Kasse ohne Selbstbehalt und schlechteren Leistungen versichert sein will. Doch bevor wir diese Reform erleben, findet eine bemannte Marslandung statt.
- Kassen zusammen legen. Wenn es nur noch einen Krankenversicherungsträger gäbe, hätte sich der Streit um Beiträge auch automatisch erledigt. Zu befürchten ist allerdings das Entstehen eines Molochs in Form Mega-WGKK, weniger eine schlanke Struktur mit weniger Personal.
- Freie Entscheidung ab einer Einkommensgrenze. Als rasche Lösung muss es in einer freien Wirtschaft möglich sein, dass der Versicherte ab einem gewissen Einkommen ein Veto gegen den Zwang besitzt. Ab 24.000 Euro Bruttojahreseinkommen darf der Selbständige nach dem Vorschlag von NEOS nicht mehr gegen seinen Willen umqualifiziert werden. Wer selbständig sein will, soll das auch sein dürfen.
- Minimallösung Finanzamt. Rund um das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz habe ich versucht, die Entscheidung im Rahmen der GPLA (gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben) von den Kassen hin zu den Finanzämtern zu bekommen. Das Finanzamt erhält seine Steuern unabhängig von der Entscheidung in der Sache und könnte objektiver agieren.
Warum nichts geht
Doch alles bleibt schlechter: Die Kassen sind Machtbereiche von Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer. Funktionäre von SPÖ und ÖVP haben es sich auf lukrativen (Neben-)Jobs bequem gemacht, immerhin bezieht so ein GKK-Vizeobmann mehr als ? 2.000 im Monat. Je weniger Kassen es gibt, umso weniger solche Nebenjobs kann das rot-schwarze Machtkartell verteilen. Der Weg zum freien Unternehmertum führt also nur über ein Brechen der rot-schwarzen Mehrheit in Österreich.
Kommentare ( 0 )